Adobe Experience Manager (AEM)

Der Adobe Experience Manager (AEM) ist ein Enterprise Content Management System für komplexe Web-Auftritte. AEM ist Teil der Adobe Marketing Cloud, die eine Gesamtlösung für das Digitale Marketing und die digitale Kommunikation verspricht.

Das Content Management System AEM ist aus der Übernahme des Enterprise CMS "CQ" der Schweizer Firma "Day Software" im Jahr 2010 entstanden. CQ wurde in AEM umbenannt und später in die Marketing-Cloud von Adobe integriert. Ein weiteres Produkt innerhalb der Cloud ist die Software Adobe Analytics, die aus der Übernahme von "Omniture" hervorgegangen ist. Seit der Übernahme von Magento deckt Adobe mit seiner Experience Cloud auch noch den Bereich des E-Commerce ab. Damit hat sich Adobe in den letzten Jahren zu einem der führenden Player im Bereich Enterprise Web entwickelt.

AEM ist ein Enterprise CMS für den Einsatz in Groß-Unternehmen und Konzernen mit hohen Anforderungen und einer komplexen Infrastruktur. AEM wird regelmäßig von Enterprise-Analysten aufgeführt, beispielsweise im Gartner Magic Quadrant für Web Content Management Systeme.

Ob AEM das richtige Content Management System ist, kann nur eine individuelle Analyse zeigen. Wer dabei auf eine externe Unterstützung zurückgreifen will, der kann sich an unseren Kooperationspartner SUTSCHE wenden. SUTSCHE gehört zu den wenigen Dienstleistern, die nicht implementieren und so die CMS-Auswahl unabhängig im Interesse des Kunden begleiten können.

#AEM für Content Manager

Aus Autoren-Sicht erinnert AEM (je nach Konfiguration) an einen Website-Builder. Grundlage des flexiblen Systems ist eine Kombination aus Templates und so genannten Komponenten. Mit Hilfe von Templates und Komponenten können Autoren eine Webseite in drei Schritten erstellen:

  • Der Autor wählt ein Template für eine neue Seite aus.
  • Dann fügt der Autor dem Template per Drag & Drop Komponenten hinzu.
  • Am Ende füllt er die Komponenten mit Inhalten, häufig im WISYWIG-Stil per Inline-Modus.

Die Templates geben in der Regel nur eine grundsätzliche Struktur der Seite vor. So regeln Templates zum Beispiel, welche Komponenten auf der Seite verwendet werden dürfen. Eine Komponente ist eine Art Container, der Inhalte wie Texte und Bilder oder auch Strukturen wie Spalten enthalten kann. Die Komponenten lassen sich per Drag & Drop aus dem Komponenten-Finder in der linken Sidebar in die Seite ziehen und anschließend mit Inhalten befüllen. Beispiele für Komponenten sind Text-Komponenten, Bild-Komponenten oder Slide-Show-Komponenten. Unter den umfangreichen Standard-Komponenten findet man auch eine Listen-Komponente, mit der sich andere Seiten in Form einer News- oder Blog-Liste aggregieren lassen. Je nach Bedarf können zusätzliche Inhalts-Komponenten von einem Entwickler erstellt werden.

Screenshot AEM Components

Neben dem Komponenten-Finder gibt es auf der linken Seite auch einen Content-Finder, über den der Autor Bilder, Dateien oder auch Text-Fragmente per Drag & Drop in die Seite ziehen kann. Der Content-Finder greift unter anderem auf das Digital Asset Management (DAM), also die Medien-Verwaltung zu.

Neben diesem grundsätzlichen Seiten-Management bietet AEM natürlich alles, was man von einem Enterprise-System erwartet: Neben dem erwähnten Digital Asset-Management (DAM) gibt es Workflows, Nutzer-Rechte und sogar digitale Post-Its, die im Freigabeprozess auf eine Seite gepinnt werden können. Sofern man sich an einen Anbieter binden will, kommt einem natürlich auch die Integration von AEM in andere Produkte der Marketing-Cloud zu Gute (Analytics, Targeting etc.).

Die enorme Flexibilität von AEM bietet den Autoren weitreichende Freiheiten, birgt allerdings auch Gefahren. Theoretisch ist es möglich, einem Template gar keine Regeln mitzugeben und die Seitengestaltung komplett den Autoren zu überlassen. Dabei ist auch eine Verschachtelung mehrere Komponenten ineinander möglich, sodass der Autor zuerst die Seite mit einer Spalten- bzw. Layout-Komponente strukturieren kann, dann eine FAQ-Komponente integriert, in die FAQ-Komponente eine Slide-Show-Komponente einbettet, die wiederum mehrere Bild-Komponenten aufnehmen kann. Derart verschachtelte Komponenten sind selbst für erfahrene Online-Redakteure nur noch schwer bedienbar. Zusätzlich droht bei derart großen Gestaltungsspielräumen ein Wildwuchs, der dann wieder über Redaktionsregeln bekämpft werden muss.

Ein weiterer Aspekt ist der Editier-Modus: Inhalte werden bei AEM zum überwiegenden Teil über Drag & Drop und über ein Inline-Editing erstellt bzw. bearbeitet. Je nach Konfiguration kann auf klassische Formulare fast vollständig verzichtet werden. Zusätzlich ist AEM in den letzten Versionen stark in Richtung mobiler Anwendung gegangen und setzt auf eine voll responsive Touch-UI für Autoren und Administratoren. Im Vergleich zu der älteren Classic UI kommt die responsive Oberfläche zwar deutlich moderner daher. Im Redaktions-Alltag kann sich die Orientierung und Navigation in der UI jedoch als schwerfälliger erweisen.

Das flexible Content-Model und die unterschiedlichen UI-Optionen haben zur Folge, dass bei AEM noch stärker als bei anderen Systemen die Konzeption und die individuelle Implementierung des Systems über Himmel und Hölle entscheidet. Gut gemacht kann AEM eine großartige Author-Experience bieten und die Produktivität des Content Managements steigern. Je nach Webseiten-Konzept und dem Fokus bei der Implementierung kann jedoch auch das Gegenteil der Fall sein.

Einen guten Eindruck von der Redaktions-Arbeit mit Adobe AEM bieten die zahlreichen Trainings-Videos und Tutorials, die Adobe öffentlich bereitstellt.

#AEM für Entwickler

Der Adobe Experience Manager basiert auf Java und arbeitet mit dem Content Repository Extreme (CRX). CRX ist eine Implementierung der Content Repository API for Java (JCR). Tatsächlich waren die Gründer von AEM, das Software-Unternehmen Day, intensiv an der Standardisierung von JCR für Java beteiligt. Adobe selbst beschreibt CRX als eine Art "Super File-System", das Charakteristiken eines konventionellen File-Systems mit dem einer relationalen Datenbank verbindet. Durch die Verwendung von CRX benötigt AEM in der Standard-Installation erst einmal keine separate Datenbank, verfügt aber natürlich über zahlreiche Konnektoren für relationale Datenbanken.

JCR bzw. Jackrabbit wird auch von anderen Content Management Systemen genutzt, beispielsweise von dem ebenfalls aus der Schweiz stammenden Enterprise CMS Magnolia oder von Bloomreach. Inzwischen gibt es auch einen Port von JCR für PHP unter dem Namen PHPCR, das zum Beispiel von dem neueren Content Management System Sulu genutzt wird. Durch den Verzicht auf eine klassische relationale Datenbank und durch die "unstrukturierte" Ablage von Inhalten ermöglichen all diese Content Management Systeme einen erstaunlich flexiblen Umgang mit Content und Content-Versatzstücken.

Die Entwicklung von Templates für AEM gilt mit der Template-Sprache HTL als vergleichsweise einfach und erfordert keine Java- bzw. JSP-Kenntnisse. Wer allerdings komplexere Anforderungen umsetzen will, muss sich mit zahlreichen Schichten und verschiedenen Technologien vertraut machen. Ein paar Stichworte:

  • CRX 3 und Jackrabbit OAK: Bilden das Content-Repository.
  • Apache Sling: Ist das von AEM eingesetzte Java-Webframework.
  • OSGi: Eine Art Service-Framework um die Composite-Bundles und ihre Konfiguration zu kontrollieren.
  • Eclipse Jetty: Ist die Servlet-Engine.
  • Dispatcher: Das ist der Cache- und Load-Balancing-Mechanismus von AEM.
  • HTL: Wird als Template-Sprache verwendet (ehemals Sightly).
  • Phonegap and Angular: Wird für mobile Apps eingesetzt.
  • Apache Solr: Ersetzt ab Version AEM 6.0 "Lucene" als Such-Maschine.

Weitere Informationen zur technischen Basis findet man in der AEM-Dokumentation.

Natürlich hat AEM auch für die neueren Entwicklungen in der Web-Technologie einiges zu bieten. Ähnlich wie andere Enterprise CMS unterstützt auch AEM einen Betrieb als Headless CMS. Dabei wird zwischen den Content-Services und einer GraphQL-API unterschieden. Das Prinzip der Content Services wurde mit den Sling Model Exporters in AEM 6.3 eingeführt. Es handelt sich um eine REST-API, die die Inhalte traditioneller AEM-Seiten ausgibt. Zusätzlich gibt es eine CRUD-API für Assets. Die GraphQL-API ermöglicht dagegen einen Zugriff auf Content-Fragmente und ähnelt dadurch stärker einem reinen Headless-Ansatz. Auf diesen APIs baut auch der SPA Editor auf, mit dem sich moderne Single Page Applications mit Frontend-Frameworks wie Angular oder React erstellen lassen.

Beim Thema Hosting und Cloud-CMS bietet Adobe für den Experience Manager inzwischen einen klassischen Cloud-Service und einen Managed Service an. Mit dem Cloud-Service steht AEM als klassisches SaaS-CMS zur Verfügung. Mit dem Managed Service lässt sich AEM in der Cloud auf AWS von Amazon oder auf Azure von Microsoft on Premise betreiben. Bei einer eigenen Cloud-Installation empfielt Adobe eine Beratung bzw. Hilfe-Stellung durch einen erfahrenen AEM-Partner.

#Kosten

Wie bei Enterprise-Produkten üblich gibt es auch für AEM keine offiziellen Preis-Listen oder öffentlichen Lizenz-Modelle. Stattdessen gibt es individuelle Lizenz-Angebote, die sich nach der Anzahl der Server, der Anzahl der Nutzer und ähnlichen Paramentern richten können.

In der Vergangenheit hat Adobe eine eher offensive Politik verfolgt und vor allem auf eine hohe Verbreitung von AEM gesetzt. Vergleichsweise preiswerte Angebote für mittelständische Unternehmen und Organisationen sind daher nicht unüblich. Am anderen Ende der Skala stehen hoch komplexe Implementierungen für globale Konzerne in Höhe von mehreren Millionen Euro. Im Zuge der geplanten Implementierung bei dem Autovermieter Hertz wurde beispielsweise ein Auftragswert von insgesamt 32 Millionen Dollar inklusive sämtlicher Agenturleistungen wie Konzeption und separater Mobile-Applikationen bekannt. Der Lizenz-Anteil für AEM dürfte an den Kosten den geringsten Anteil haben, dennoch zeigen solche Beispiele die starke Bandbreite der Budgets.

#Dienstleister für AEM finden

Durch die starke Expansion waren AEM-Dienstleister zeitweise recht schwer zu finden und entsprechend hochpreisig. Die großen Web-Agenturen dürften AEM inzwischen jedoch fast flächendeckend in ihrem Portfolio haben, und auch kleinere Web-Dienstleister führen AEM nicht selten in ihren Leistungen auf. Dennoch sollte man als eher mittelständisches Unternehmen genau abwägen, ob man die Budgets langfristig in eine komplexe Technologie stecken will und ob man die Möglichkeiten der Technologie dann auch tatsächlich ausschöpft.

#Empfehlung: Wann macht AEM Sinn?

Bei großen Unternehmen mit komplexen Anforderungen und einem entsprechenden Budget dürfte AEM in vielen Fällen eine Option sein, insbesondere wenn es im Schwerpunkt um hohe Marketing-Anforderungen geht und eine Gesamtlösung in Form einer Digital Experience Cloud (DXP) angestrebt wird. Durch die Übernahme von Magento dürfte in Zukunft auch der E-Commerce bei Adobe eine größere Bedeutung bekommen, wobei AEM bereits vorher Schnittstellen zu Systemen wie Hybris (PIM) oder InterShop angeboten hat. Für die Verbindung von Content Management und E-Commerce bieten allerdings auch andere Enterprise-Systeme starke Lösungen an.

AEM offenbart seine Stärke vor allem bei unstrukturierten Inhalten und beim visuellen Umgang mit Inhalten, wie er im Marketing-Umfeld häufig vorherrschend ist. Als eine Art Enterprise-Website-Builder bietet er Autoren dabei sehr viel Flexibilität und Eigenständigkeit. Sind im Unternehmen jedoch strukturierte Daten vorherrschend, dann sollte man auch andere Lösungen in Betracht ziehen. Zwar verfügt AEM wie alle Enterprise-Systeme auch über Headless-Features und Content-APIs. Allerdings dürfte der Bruch in den Arbeitsgewohnheiten bei eher formular-basierten Systemen geringer sein.

Einige der bekannten Marken, die AEM nutzen, sind Audi, Volkswagen, Hyatt, Ford, Philips, Intel, Cisco, Kolleggs oder Blackberry.

#Alternativen zu AEM

Der Markt der Enterprise CMS ist vergleichsweise groß und entsprechend vielfältig sind die Alternativen. Will man in der Java-Welt und im DXP-Bereich bleiben, bieten sich als Alternativen zu AEM beispielsweise Bloomreach oder auch Liferay an. Außerhalb der DXP-Welt trifft man hierzulande häufig auf Java-Systeme wie CoreMedia, FirstSpirit oder auch Magnolia. Bei der Umstellung auf ein neues CMS ist jedoch auch ein Wechsel auf eine andere Architektur oder ein Downgrade auf ein leichtgewichtigeres CMS denkbar. All das hängt vom konkreten Einsatz-Szenario im Unternehmen ab. CMSstash kann einen ersten Markt-Überblick liefern. Für einen erfolgreichen Auswahl-Prozess ist jedoch eine individuelle Analyse nötig.

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